Rußland


St. Petersburg



Argus Augen oder der Wunsch alles zu sehen

Dieses Jahr feiert ganz Westeuropa das 300jährige Bestehen von St. Petersburg. In allen Medien wird die Stadt mit all ihren Facetten gewürdigt: Die Stadt der Weißen Nächte, das Tor zum Westen, Ort der Erfindungen und Begegnungsstätte von Künstlern und Literaten, Venedig des Nordens, Stadt der Inseln und der Brücken, usw.

Während der dreitägigen Reise ist der Stein Beobachter von drei Orten geworden:


Weg der Steine - Rußland/ St. Petersburg - FotoWeg der Steine - Rußland/ St. Petersburg - FotoZuerst der Schloßplatz, erbaut von dem genialen Architekten St. Petersburgs Rossi, umrahmt vom Winterpalast (Eremitage) und dem halbrunden Generalstabsgebäude. In der Mitte steht die Alexandersäule. Dieser Platz war Schauplatz historischer Ereignisse. Der Sturm auf den Winterpalast im Oktober 1917 beendete das Zarenreich und begründete die Sowjetunion. Das Auge schaut einmal zum Palast und den Zaren hin, dann vom Palast weg in Richtung der Rotarmisten.


Weg der Steine - Rußland/ St. Petersburg - FotoIm Norden der Stadt liegt der Friedhof Piskarowskoje mit Massengräbern von 500 000 Menschen, die während der 900 Tage dauernden Blockade Leningrads von Hitlers Armee im Zweiten Weltkrieg starben. Eines der schrecklichsten Verbrechen der Neuzeit, das am Ende fast einer Million Menschen das Leben gekostet hat. Ich legte den Stein an verschiedene Stellen: ans Ewige Feuer und an einige Grabsteine. Ermahnend, nachdenklich stimmend, ertönt leise aus Lautsprechern die 7. Sinfonie von Dimitrij Schostakowitsch, die er während der Blockade komponiert hat.


Weg der Steine - Rußland/ St. Petersburg - Foto - PuschkinWas wäre Russland ohne Puschkin? Puschkin gilt als der große russische Dichter, der die russische Literatur erst zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Seine letzten beiden Jahre verbrachte er in St. Petersburg und seine letzte Wohnung an der Mojka ist heute Museum und Pilgerort. Im Hof des Gebäudes treffen sich zu bestimmten Anlässen, z. B. zu seinem Geburtstag im Juni, viele Literaturinteressierte und rezitieren seine Gedichte. Puschkin verkörpert für viele Russen sowohl Dramatik und romantische Liebe als auch die Modernität. Sein tragischer Tod im Jahre 1837 befördert noch immer nachhaltig die Phantasie seiner Verehrer. Er starb 37jährig im Duell mit dem französischen Adligen Georges d´Anthes, der Puschkins Frau umwarb und von ihr verstoßen, Vergeltung suchte.


Weg der Steine - Rußland/ St. Petersburg - Foto - Puschkin

Der Stein zerbrach bei dem Versuch, ihn auf den Balkon in Puschkins Hof zu werfen. So beschloss ich gemeinsam mit Dmitri einen Teil des Steines auf dem Balkon zu plazieren, der andere Teil liegt nun zwischen den Beinen der Puschkin-Skulptur im Hof.


Zafer Toker, Frankfurt/Main
Dmitri Zobnin, Moskau
2003