Griechenland


Athen



Wo lege ich den Augenstein ab, in einer Stadt, die bereits vor 2500 Jahren die Wiege war für so unterschiedliche Bereiche unseres Lebens wie Philosophie und Kunst, Ethik und Moral, Politik und  Baukunst und deren Auswirkungen noch immer anhalten und Europa geistesgeschichtlich prägen?

Ich entscheide mich für die Akropolis, den heiligen Berg der Götter, mit direktem Blick auf den Parthenon, den Tempel der jungfräulichen Göttin Athene, Herzstück der Akropolis, Symbol des Reichtums und der Macht des stolzen antiken Stadtstaates Athen.

Unter der politischen Führung von Perikles stieg Athen um die Mitte des 5. Jh. v. Chr. zur führenden Macht Griechenlands auf. Auch die Kunst erlebte im Zeitalter von Perikles eine Hochblüte. In Athen wurde im Rahmen eines gewaltigen Bauprogramms die von den Persern 480/479 v. Chr. zerstörte Akropolis neu gestaltet. In einem Zeitraum von etwa 50 Jahren entstanden auf dem Felsen der Akropolis der Parthenon, die Propyläen, der Tempel der Athene Nike und das Erechtheion.

Perikles entmachtet schrittweise die Aristokratie und setzt die Volksversammlung ein. Somit ist der basisdemokratische Grundsatz der Gleichheit, der allerdings nicht für Frauen, Sklaven und Fremde gilt, eingeführt. Die expansive Außenpolitik und die demokratische Innenpolitik bescheren der Stadt eine außerordentliche Entfaltung. Phidias meißelt seine berühmten Reliefs und Skulpturen für den Parthenon. Die Schule der Sophisten prägt das geistige Leben und Sokrates tritt als unorthodoxer und unbequemer Denker auf, dem die großen Philosophen Platon und Aristoteles folgen werden. Aischylos, der als Begründer der Tragödie gilt,  Sophokles und Euripides führen die tragische Dichtung zu neuen Höhen. Aristophanes ist der bekannteste Komödiendichter. In der Geschichtsschreibung setzen Herodot und Thukydides neue Akzente.

Weit schweift der Blick von der Akropolis über die Stadt, von der damals eine solche Strahlkraft ausging und die heute heruntergewirtschaftet und gebeutelt ist. Europa muss heute die Euros nach Griechenland tragen und die Kontraste zu damals sind scharf. Der Götterhimmel ist entvölkert und die Menschen kämpfen ums nackte Überleben. Tritt man aus dem inneren antiken Ring heraus, der den heiligen Berg umgibt, wird man unvermittelt mit  Smog, Lärm und Armut konfrontiert. 

November 2010

Ortrud Toker, Frankfurt/Main
2010